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«Der Weg zurück ins Glück liegt bei dir selbst.»

Zitat Nicole Niquille

Mit 18 Jahren erleidet Nicole einen schweren Töffunfall und verliert beinahe ein Bein. Als Therapie wird Nicole möglichst viel Bewegung verschrieben. Aus diesem Grund beginnt sie mit dem Bergsteigen. Alles, was Nicole anpackt, macht sie voller Herzblut! Sie unternimmt immer grössere und schwierigere Touren, ist im Himalaya auf Expeditionen u.a. zum Mount Everest unterwegs und 1986 erreicht sie als erste Frau in der Schweiz das Bergführer-Diplom.

Zoom: Nicole Niquille
Zoom: Nicole Niquille

Doch schon bald schlägt das Schicksal ein weiteres mal zu: Nicole wird beim Pilzsammeln unweit von ihrem Haus von einem kleinen Stein so unglücklich am Kopf getroffen, dass sie bis zum Hals gelähmt ist. Trotz dieser enormen Einschränkung kämpft sie sich zurück ins Leben! An den Rollstuhl gebunden, erwirbt Nicole das Wirtepatent und führt zusammen mit ihrem Mann im Unterwallis ein Restaurant.

Und - ganz nebenbei, als wär's ein Kinderspiel - iniziert, realisiert und finanziert Nicole ein Spital in Lukla!
Lukla ist neben dem Hauptort Namche Bazar der wichtigste Ort im Khumbu-Tal geworden – einerseits durch den Flugplatz – einer der Lebensadern des Tals und Touristentreffpunkt, andererseits, weil dort dank Nicole Niquille seit elf Jahren ein kleines Spital in Betrieb ist.

Zoom: Nicole Niquille beim Aufbau des Spitals Lukla
Zoom: Nicole Niquille - Baustellenbesichtigung

berg-welt: "Verrückte Idee - schwindelerregende Umsetzung und Realisation - wie müssen wir uns das Spital in Lukla heute vorstellen?"

Nicole Niquille: "Das Spital besteht aktuell aus sechs Häuser inkl. Wasserkraftwerk. Im Hauptgebäude befinden sich die Sprechzimmer, der Radiologieraum, das Labor, der Operationssaal, der Geburtssaal sowie Patientenzimmer für 25 Personen.

Ein Ärzte-Haus wurde 2012 vollständig von einer Schweizer Stiftung finanziert. Die Ärzte, Krankenschwestern, Labortechniker und Radiologen können dort mit ihren Familien leben.

Unten, getrennt vom Krankenbereich, sind 4 Räume und einen Cafeteria für das Krankenhaus reserviert.

Im Gebäude am Eingang des Geländes steht eine Kantine für die Begleiter der Patienten, in welcher sie sich verpflegen können, sowie einen Wartesaal.

Eine Gompa (Grabkapelle) wurde vollständig von einem Schweizer Geldgeber finanziert."

b-w: "Wie bist du überhaupt auf die Idee gekommen, in Lukla ein Spital zu eröffnen?"

Nicole: "Ich wollte das von der Versicherung erhaltene Kapital im Falle einer Behinderung in ein humanitäres Projekt investieren. Da kam das Treffen mit Ang Gelu und die traurige Geschichte von seiner Schwester Pasang Lhamu im richtigen Moment:

Vor meinem Unfall reiste ich mehr als 15x nach Nepal und nahm u.a. an einer Expedition zum Everest teil. Ich empfand eine tiefe Verbundenheit mit dem Land und ich entschied mit meinem Mann Marco, dem Tal, das zum Everest führt, unsere Unterstützung zu gewähren.
Hinzu kommt, dass der Koch Ang Gelu Sherpa, der im Sommer Marco im Restaurant "Chez Nicole in Lac Tanay" half, der Bruder von Pasang Lhamu ist. 1993 erreicht Pasang Lhamu als erste Nepalesin im vierten Versuch den Gipfel vom Mount Everest. Im Abstieg wurde sie in einem Sturm überrascht und erreichte das Basislager nie mehr.

Pasang Lhamu setzte sich sehr für die Frauen in Nepal ein. Mein Mann und ich wollten an der Erfüllung des Wunsches von Pasang Lhamu mitwirken."

 b-w: "Die Idee ist das eine, so etwas zu realisieren, in einem fernen Land, in einer anderen Kultur, mit fehlender Infrastruktur & Knowhow, noch dazu völlig abgelegen - bei aller Ideologie, von wo hast du den Mut für den Entscheid hergenommen: Ich mache es!"

Nicole: "Was einfach ist, habe ich nicht gern! Es gibt Berge in Nepal und ich brauche Berge in meinem Leben. Die Entscheidung über eine Handlung ist relativ einfach, seine Idee auf lange Sicht zu verfolgen, ist schwieriger. Allerdings bin ich gut eingebettet - es ist Teamarbeit!"

Zoom: Spital Lukla - der Bau
Zoom: Spital Lukla - der Bau


b-w: "Welche Behandlungen können vorgenommen werden?"

Nicole: "Pro Monat werden 900 Patienten behandelt. Alle Pathologien werden im Krankenhaus aufgenommen. Diejenigen, welche nur im Kathmandu behandelt werden können, schicken wir mit dem Flugzeug in die Hauptstadt. Die häufigsten Pathologien beruhen auf mangelnder Hygiene (Infektionen, Magenbeschwerden) oder sind Unfälle.
Trotz einer leichten Verbesserung seit dem Jahr 2000 bleibt die Kindersterblichkeit im ersten Lebensjahr sehr hoch. Sie liegt bei 40 toten Kindern pro 1000 Geburten. (Zum Vergleich: in der Schweiz sterben 3 Kinder pro 1000 Geburten). Deshalb ist das Spital für Gebärende und Kinder bis 5 Jahren gratis. Ebenso für Mönche und für Menschen, die kein Geld haben (die Armen)."

b-w: "Für wen wurde das Spital erbaut?"

Nicole: "Mehr als 93% der Patienten sind Einheimische. Seit ca 6 Jahren kommen jeden Frühling und Herbst mehr Touristen mit dem Hubschrauber an. Diese werden wegen Höhenkrankheit oder Verletzungen während eines Trekkings angeliefert."

Zoom: Nicole Niquille unterwegs
Zoom: Spital Lukla


b-w: "Wie organisiert sich das Spital?"

Nicole: " Das Krankenhaus verfügt über 23 Arbeitsplätze:
- 2 Ärzt
- 5 Pflegefachfrauen/-männer

  • 2 Labortechniker

  • 1 Apotheker

  • 1 Radiologe

  • 1 Zahnarzt

  • 11 nichtmedizinische Plätze wie Köche, Reinigungskräfte, Hausmeister, Wachmann, Administration, Kraftwerkverantwortlicher, Administration in Lukla, Steuerberater, CEO in Kathmandu."

b-w: "Was waren Probleme, Rückschläge oder unüberwindbare Hürden bei der Realisation?"

Nicole: "Nichts ist unüberwindbar! Einige Dingen nehmen einfach mehr Zeit in Anspruch oder sind schwieriger.

Das Erdbeben 2015 in Nepal hat uns leider mit voller Wucht getroffen. Das Hauptgebäude mit dem Operations- und Geburtssaal wurde komplett zerstört und musste wieder aufgebaut werden.

Genügend Spendegelder aufzutreiben, ist immer wieder eine Herausforderung. Die Gelder werden eingesetzt, um das tägliche Funktionieren des Spitals zu gewärleisten sowie die Patienten gratis zu behandeln, welche es nötig haben. Des Weiteren organisieren wir kostenlose Camps, um Gebärmutterkrebs-Screening, zahnärztliche, augenärztliche sowie pädiatrische Untersuchungen vorzunehmen.

Und ein letzter grosser Posten betrifft die Baukosten, um neue Technologien anzubieten und die notwendigen Verbesserungen für das reibungslose Funktionieren des Krankenhauses vorzunehmen. Als Beispiel: 2019 werden wir Fr. 200'000.-- für eine neue Turbine für die hydraulische Anlage zur Gewinnung von Elektrizität investieren.

Wir sind für jede Spende sehr dankbar."
 

b-w: "Hut ab vor deiner Energie, vor deiner Kraft, deinem Willen und deiner Beharrlichkeit, ein so schwieriges Projekt zu realisieren und damit sehr vielen Menschen Zugang zu einer medizinischen Versorgung zu ermöglichen und (junges) Leben zu retten!
Ganz herzlichen Dank Nicole!"

Zoom: Spital Lukla
Zoom: Spital Lukla